Bundesweite Termine
05.01.2021
Grußwort
Steter Mahner für die Olympischen Kernwerte
05.01.2021
DOG
70 Jahre Deutsche Olympische Gesellschaft
17.11.2020
Neckaralb
Ehrung des Turngaus Zollern-Schalksburg
06.11.2020
Berlin
Mitgliederversammlung: DOG-Präsidium mit bekannten und neuen Namen
05.11.2020
Nachruf
Ehrenmitglied Hubert Hey verstorben
Philipp, Markus
In welcher Funktion hast Du an den Paralympics teilgenommen?
Ich war für die ARD als Interviewer und Reporter vor Ort in Peking. Dort war es meine Aufgabe, die Gespräche mit den Athlet:innen vor und nach ihren Wettkämpfen zu führen sowie meine Beobachtungen nach Deutschland zu übermitteln. Dafür hatte ich ein eigenes Zwei-Mann-Kamerateam an meiner Seite, habe aber auch einiges selber mit meinem Smartphone an Film-Material erstellt. Mein Aufgabengebiet waren die Alpinen Skiwettbewerbe in Yanqing, 90 km entfernt von Peking.
War es Deine erste Teilnahme?
Bei Winter-Paralympics war ich zum ersten Mal dabei, ja. Im vergangenen Sommer durfte ich aber bereits die Paralympischen Spiele in Tokio begleiten und habe schon dort große Begeisterung für die Athleten empfunden. Hier habe ich vor allem die Schwimmwettbewerbe begleitet, war aber auch beim Sitzvolleyball und Schießen eingebunden.
Diesmal haben die Paraylympics unter Pandemiebedingungen stattgefunden. Welche Auswirkungen hatte dies für die Sportler*innen?
Es war nochmal deutlich schlimmer als in Tokio. Dort lagen die Wettkampfstätten relativ nah beieinander, so dass das Olympische Dorf tatsächlich auch zentral von allen genutzt werden konnte. In Peking war es nun so, dass die Hallenwettbewerbe in der Hauptstadt durchgeführt wurden, die Alpinen wie erwähnt in Yanqing, während die Nordischen Disziplinen und Snowboard im von Yanqing aus nochmals 120 km entfernten Zhangjiakou stattfanden. Somit waren die Athlet:innen in drei verschiedenen Regionen nach Disziplinen getrennt untergebracht, was sich dann – wie ein Betreuer es treffend formulierte – eher wie ein Weltcup anfühlte, weil keine wirkliche Durchmischung der Sportarten stattfand
Hat es diesbezüglich gesundheitliche Beeinträchtigungen gegeben? Diese Frage bezieht sich nicht nur auf die Sportler*innen, sondern auch auf die Kampfrichter*innen, Betreuer*innen/Trainer*innen und last but not least die Funktionär*innen?
Die No-Covid-Strategie der chinesischen Regierung ist insofern aufgegangen, dass es bei den Paralympischen Spielen nur sechs Infektions-Fälle unter allen oben genannten Beteiligten gab. Von daher ist die Rechnung der Regierung aufgegangen, die strikte Abschottung der Spiele im Nachhinein als richtig darstellen zu dürfen. Was tatsächlich hinter diesen extrem harten Maßnahmen steckte, ist jedoch ziemlich klar zu vermuten.
Willst Du in diesem Zusammenhang etwas über die Hygienevorschriften erzählen?
Es hatte groteske und skurrile Züge. Mal davon abgesehen, dass wir mit der chinesischen Bevölkerung ohnehin nur Kontakt hatten, wenn diese als Volunteers an den Wettkampfstätten eingesetzt waren, sind diese nur als solche zu erahnen gewesen. Lediglich die Augen konnte man hinter Ganz-Körper-Schutzanzug, Maske und Gesichtsschild ausmachen. Wir haben die Beteiligten mit Galgenhumor nur noch als Mignons bezeichnet. Des Weiteren durften wir Journalisten nur im Hotelzimmer und beim Essen die FFP2-Maske absetzen. Wirklich nirgends sonst war es erlaubt, sich ohne Mund-Nase-Schutz aufzuhalten, und man wurde – freundlich, aber bestimmt – daran erinnert, sollte man es mal vergessen haben. Roboter, die durch die Hotelflure fuhren und dort Desinfektionsspray versprühten, waren die dazu passende surreal anmutende Ergänzung.
Wie ging es Dir selbst mit all diesen außergewöhnlichen Herausforderungen?
Wenn ich ehrlich bin, waren speziell die ersten drei Tage mental eine extreme Herausforderung. In das Hotel zu kommen und zu wissen, dass ich dieses nur zum Arbeiten verlassen darf und mich ansonsten in diesem Areal aufzuhalten habe, war eine sehr einschüchternde Situation für mich. Nicht selten habe ich meinen Auftrag hinterfragt und nur mit einigen Telefonaten in die Heimat nicht komplett die Nerven verloren. Derartige Großereignisse bedeuten speziell für mich sehr viel mehr als die Arbeit nach Vorschrift, nämlich eigentlich und vor allem zwischenmenschliche Begegnungen unter Gleichgesinnten. Das war nur sehr begrenzt möglich, und man spürte, dass die Stimmung unter allen Beteiligten doch sehr gedrückt war. Diese Spiele hätten gefühlt auf dem Mond stattfinden können, so abgeschottet waren wir von Gesellschaft und Realität. So irrwitzig waren zudem die Wettkampfstätten arrangiert. Ich mag mich täuschen, das das Skigebiet, in dem ich gearbeitet habe, wird es in fünf Jahren nicht mehr geben. Der ökologische Wahnsinn solcher Großereignisse hat hier für mich eine neue Dimension erreichte und diese Spiele für mich in der Nachbetrachtung zusätzlich getrübt.
Fühltest Du Dich immer sicher?
Ja, sicher schon, aber nicht wohl.
Auch keine Bedenken bei der An-und Abreise?
Vor der Anreise hatte ich immer mal wieder Angst davor, dass es mir wie meinem Kollegen Claus Lufen bei den Olympischen Spielen ergehen könnte: Alle Tests in Deutschland sind negativ, aber unter den in China strengeren Regeln musst Du dann in Quarantäne. Das wäre nochmal eine Potenzierung des oben Geschilderten geworden, die ich wahrscheinlich nicht so durchgestanden hätte wie Claus, vor dessen Umgang damit ich großen Respekt habe.
Das Gespräch mit Markus Philipp wurde im März 2022 geführt; Gesprächspartnerin: Barbara Ludwig.
Text: Nachdruck und jegliche Art der Vervielfältigung und Weiterverbreitung (auch auszugsweise) nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Deutschen Olympischen Gesellschaft, Zweigstelle Darmstadt.
Fotos: Die Fotos entstammen dem Privatarchiv von Markus Philipp. Nachdruck und jegliche Art der Vervielfältigung und Weiterverbreitung nur mit ausdrücklicher Genehmigung von Markus Philipp.