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Nachruf
Ehrenmitglied Hubert Hey verstorben
Gerhard Hennige: Gedopte Athleten sind leicht zu erkennen
Zur Wiederherstellung Ihrer Gesundheit wurden Sie in Leverkusen mit Spritzen und Medikamenten behandelt. Hat man Sie in diesem Zusammenhang der Einnahme unerlaubter Mittel bezichtigt?
Die Liste der verbotenen Substanzen enthielt damals lediglich sechs Titel und war daher relativ überschaubar. Ich habe immer sehr darauf geachtet, nichts Unerlaubtes zu mir zu nehmen, habe auch im Clinch gelegen mit Klümper und all diesen Typen, denen viele namhafte Sportler die Türen eingerannt haben. Doping war für mich immer ein rotes Tuch.
Auch zur Behandlung meiner Krankheit wollte ich zunächst keine Medikamente nehmen. Der Vereinsarzt in Leverkusen vertrat aber den Standpunkt, dass ein kranker Mensch alles tun müsse, um die Krankheit zu überwinden. Nachdem es mir dann Ende 1966 wieder besser ging, habe ich gar keine Medikamente mehr genommen und mich ausschließlich auf Physiotherapie verlegt.
Einer meiner Trainer wollte mir einreden, ich sei zu zu ruhig vor dem Wettkampf und solle doch etwas nehmen, um mich ein wenig zu puschen. Beim Europacup 1967 in Kiew kam er vor dem Einlaufen mit einem Becher Kaffee und nötigte mich, diesen zu trinken. Ich habe dann einen Schluck in den Mund genommen und gleich gemerkt, dass es nicht nur Kaffee war. Das war so bitter, dass ich es sofort wieder ausgespuckt habe. Er hat mir da wohl Novalgin oder etwas Ähnliches unterschieben wollen, um mich für das Rennen zu puschen. Ich bin dann ohne das Zeug an den Start gegangen und habe das Rennen auch so gewonnen. In der Folgezeit hat mich dieser Trainer nie wieder auf das Thema angesprochen.
Der eine oder andere Sportler hat in jenen Jahren aber nachweislich mit unerlaubten Mitteln experimentiert!
Ja, das ist richtig, ich habe das mehrfach beobachtet. 1967 habe ich mit dem Amerikaner Bill Toomey trainiert, der bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexico City die Goldmedaille im Zehnkampf gewann. Toomey hatte immer eine Sporttasche mit Schuhfach dabei, in dem sich zahlreiche braune Fläschchen mit bunten Deckeln befanden. Vor jedem Training schaute er auf eine Liste und stellte dann je nach den vorgesehenen Trainingsinhalten seine Mittelchen zusammen. Er hat dann seine 10, 15 Pillen eingeworfen und mit einer halben Flasche Wasser nachgespült. Wenn ich ihn gefragt habe, was er da nimmt, kam immer die gleiche Antwort:
“That’s all vitamines.“
Geglaubt habe ich ihm nicht.
Ein Einzelfall?
Nein. Ich habe mich oft gewundert, wie sich der eine oder andere Sportkollege in kürzester Zeit körperlich veränderte. Manche hatten dann Körper wie Bodybuilder, mit Muskeln bis unter die Ohrläppchen. Ich finde das nicht schön, sondern eher unästhetisch.
Hans Fahsl, ein Hammerwerfer, war in etwa so groß und muskulös wie ich. Innerhalb eines Jahres hatte er Muskeln, da bin ich fast umgefallen. Und seine Bestleistung hat er in diesem Zeitraum um sechs, sieben oder acht Meter verbessert. Nachdem er aufgehört hatte, war er wieder so schlank wie ich.
Auch der Diskuswerfer Alwin Wagner, der sich ja heute sehr aktiv gegen das Doping einsetzt, gibt zu, während seiner aktiven Zeit gedopt zu haben. Viele Sportler haben sich vollgestopft mit dem Zeug und innerhalb eines Jahres eine sonst nicht erklärbare Leistungsexplosion erziehlt.
>>> zum HNA-Artikel über Alwin Wagner
Der Nachweis unerlaubter Substanzen war und ist nicht unbedingt einfach ...
Mancher Verband schaut ja auch ganz gern gezielt weg. Aus den verschiedensten Gründen herrscht hier oft Ignoranz. Nicht nur aus diesem Grund bin ich zu den Verbänden meist auf Distanz gegangen.
Wenn ich jemanden anschaue, kann ich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit sagen, ob er dopt. Das sieht man sofort an der Haut. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass sich der Blick dopender Athleten verändert. Besonders bei Frauen geht die Einnahme von Dopingmitteln außerdem meist mit einer starken Typveränderung einher. Trotz dieser optischen Anzeichen bleiben klärende Tests oft aus.
Können wir Ihre Anmerkungen zum Thema Doping vollinhaltlich in unseren Beitrag übernehmen?
Auf jeden Fall. In einem Podiumsgespräch oder in einer öffentlichen Diskussion würde ich meine Aussagen jederzeit in gleicher Form wiederholen.
Das Gespräch mit Gerhard Hennige wurde am 25. Januar 2017 geführt; Gesprächspartner: Rainer Paepcke
Dokumente und Fotos stammen aus dem Archiv der Familie Hennige.
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