Bundesweite Termine
05.01.2021
Grußwort
Steter Mahner für die Olympischen Kernwerte
05.01.2021
DOG
70 Jahre Deutsche Olympische Gesellschaft
17.11.2020
Neckaralb
Ehrung des Turngaus Zollern-Schalksburg
06.11.2020
Berlin
Mitgliederversammlung: DOG-Präsidium mit bekannten und neuen Namen
05.11.2020
Nachruf
Ehrenmitglied Hubert Hey verstorben
Vom Glauben an die Doping-Freiheit
Eigentlich haben alle Sportfreunde Grund zur Vorfreude auf einen ereignisreichen Sportsommer. Die Fußball-Euro in Frankreich steht vor der Tür, im August steigen die Olympischen Spiele in Rio, die Tour de France unterhält uns im Juli und in Darmstadt ist der Klassenerhalt in der Bundesliga-Fußballmannschaft Anlass für Stolz und Zufriedenheit. Beide rechtlich-öffentlichen Fernsehsender berichten außer den Sportkanälen von den Großereignissen des Sommers. Wir dürfen uns auf spannende Wettkämpfe und faszinierende Bilder freuen, sofern keine Anschläge passieren. Deutsche Erfolge werden Jubeltage und Fähnchen schwenken auslösen. - Das ist die Vorderseite der Medaille.
Wo bleiben die Werte?
Alles gut? Leider nein. Zum Sport gehört nicht nur die Show. An die damit gebundenen Werte muss gelegentlich erinnert werden. Nicht als Freudehemmer, sondern als Mahnung für Fairplay! Manches deutet daraufhin, dass wir den Blick für die vorbildlichen und bildenden Aspekte des Sports, wie Haltung, Würde, Freundschaft, saubere Leistung und der faire Vergleich zwischen Mannschaften, Nationen oder zwischen einzelnen Wettkämpfer/innen verlieren. Heiße Berichte – mit und ohne nationale Tendenzen - tragen leicht dazu bei, dass sich das Gefühl für die besonderen Werte im Sport systematisch zurückbildet wie untrainierte Muskel. Manche Kommentare in den Medien manipulieren uns nur aufs Gewinnen. Ernüchternd sagt Professor Eike Emrich von der Uni Saarbrücken dazu: Der internationale Sport verkauft direkt beobachtbare Höchstleistung und den Glauben an nicht direkt sichtbare Dopingfreiheit. Glaubhaft ist das nicht, weil bei den Kontrollen so viel Unehrlichkeit entdeckt wird. Der Sport-Nachrichten-Konsument muss schon den guten Willen aufbringen, an die ehrliche Leistung zu glauben. Staatsanwälte arbeiten derweil an der Aufklärung von Betrug und korrupter Strukturen in den internationalen Verbänden. Sowohl bei der Fifa als auch beim IOC bleiben Reformansätze zaghaft.
Globaler Dopingsumpf
Russland, deren gesamte Leichtathletik im Verruf steht, hat Mitte Mai den größten Skandal zu den bekannten Doping-Vertuschungspraktiken hinzu geliefert. Als Verantwortlicher des russischen Dopingkontrolllabors, bei den Winterspielen in Sotschi, hat Grigori Rodschenkow seine geheimen Unterlagen veröffentlicht, demzufolge 15 von 33 der russischen Medaillengewinner planmäßig gedopt waren. Aber die amerikanischen Kontrollen sind ebenso unglaubhaft: Bereits 2001 haben sie den skrupellosesten Zerstörer der sportlichen Werte, Lance Armstrong, trotz Verdacht jahrelang sein schmutziges Geschäft heuchlerisch weiter treiben lassen. Und nicht nur ihn. Eine Aufzählung weiterer Sportarten mit Schmuddelprofil ist nicht unser Thema, aber der Hinweis, dass es schon in den 1980er Jahren auch der west-deutschen Leichtathletik traurige Fälle von jungen Athleten mit Todesfolge gab, soll unseren Blick auch für das eigene Land kritisch wach halten.
Es liegt an der Haltung der Kontrolleure, ob der Gebrauch unerlaubter Mittel (neuerdings auch technischer Manipulationen) jemals wieder aufhört und vom Fairplay ausgegangen werden kann oder ob wir mehr in dem sensationsverpflichteten Showsport mit vielerlei Manipulationen hängen bleiben.
Die Rechnung unserer Regierung
Der für den Sport zuständige Innenminister de Maizière befürwortet das Anti-Dopinggesetz, das eine strengere Bestrafung der einwandfrei festgestellten Sünder möglich macht. Staatliche
Gerichte können etwas schärfer durchgreifen, als es die gelegentlich etwas zu porösen Urteile der Sportgerichte getan haben. Also Säuberungsversuche des Sports von oben?
Unabhängig von diesem Thema hat das Ministerium „errechnet“, dass in Rio bei gleichem Förderzuschuss ein Drittel mehr Medaillen als 2012 in London gewonnen werden müssen. Ob das die Sportler und Trainer motiviert? De Maizière rechnet den Erfolg nur in zählbaren Medaillen, wobei er wichtige Teile des ‚sportlichen Ertrags’ nicht beachtet: Die Vorbildwirkung für die Jugend, als Sucht- und Drogenprophylaxe, im Breiten -und Seniorensport sowie seine Rolle bei der Integration von Flüchtlingen und den volksgesundheitlichen Vorsorgewert bei 27 Millionen in den Vereinen Sport treibender Menschen. Dies alles sind Nebenwirkungen des Sports und Leistungen, die der Förderungssumme des Spitzensports gegenüber zu stellen sind.
Respekt vor den Sportlern
Der Achtung bezeugende Umgang der Stadt Darmstadt und seiner Bürger mit einer Vielzahl neuer Vereinsmitglieder und Fans für die Fußballer des SV 98 erinnert an ein ideales Verhältnis der Zuschauer zu den Aktiven. Im Gegensatz zu den widerlichen, sportfeindlichen und teuren Fankrawallen gehört ein würdevolles Zuschauerverhalten zum Livesport.
Greifen wir uns zwei deutsche von den insgesamt 10 500 Sportlern in Rio heraus, um ein weiteres Problem im Sport anzudeuten: Marco Koch, der Schwimmer aus Darmstadt und Arne Gabius, der Marathonläufer aus Hamburg trainieren mit größter Hingabe und nach wissenschaftlichen Methoden professionell für Olympia. Ob mit oder ohne Medaillen werden beide sich anschließend nicht von ihren Prämien und Gagen ernähren oder eine Existenz aufbauen können. Vergleichen wir diese Beispiele mit den Wahnsinnssummen, die heutzutage für gut verdienende Fußballer gezahlt werden, um zu erkennen, dass die grenzenlose Kommerzialisierung kein sportgerechter Weg in die gute Zukunft sein kann.
Walter Schwebel