Refexionen zur Herbstveranstaltung am 16. November
Sie haben diskutiert – untereinander und dann mit dem Plenum: Die begeisterte Christiane Krause, der abgeklärte Heiner Henze, der abwägende „Little“ Klein, der politikerfahrende Philipp Kremer und der spät hinzu geladene, aber sehr engagierte Eike Schulz von der ZDF-Sportredaktion. Dirigiert vom bewährten Moderator Till Lufft von der gastgebenden DOG sprachen die Teilnehmer im „Bürgerhaus zum Goldenen Löwen“ über die Chancen Deutschlands, wieder einmal Olympia-Austragungsort zu werden. Der ausführliche, informative Bericht von Udo Döring (Darmstädter Echo vom 19.11., Seite 36) spiegelt den Verlauf der Veranstaltung gut wider. Tage danach meldet sich ein Klopfzeichen im Kopf wegen des unbefriedigenden Ergebnisses der Diskussion: ein Jein auf die Frage „Olympische Spiele in Deutschland?“ führt nicht weiter. Wer will oder wollen wir die Spiele 2036 wirklich?
Insbesondere vor dem Hintergrund der glanzvollen Mehrsparten-European-Championships im August in München, sollte die Volksmeinung jetzt positiver sein als bei den Umfragen, meinten Christiane und Heiner. Aber da tauchten in den folgenden Beiträgen die realen Schwierigkeiten und Hindernisse auf: Verstöße gegen die Nachhaltigkeit (obwohl das Zeltdach-Stadion mehrmals gelobt wurde), finanzielle Gewichtung der Regierung (warum nicht mal ein X-Milliarden Sondervermögen Sport?), fehlende sportliche Breite (verursacht durch bekannte Mängel im Schulsport), die Bereitschaft in der Bevölkerung (oder sollten einmal nur die Sportler befragt werden, schlug Christiane vor). Gibt es politisch interne Bremsklötze innerhalb des DOSB? Auffallend bei dieser Frage, dass nicht nur Christiane und Heiner der Auflösung des Nationalen Olympischen Komitees (2010) nachtrauerten.
Zentrale vom IOC zu verantworteten Problemfelder kamen zur Sprache: Little Klein veranschaulichte die kaum zu bewältigende Zunahme an Wettbewerben, Athleten, Zuschauern (was die Sicherheitsfrage heute in jedem Land fast unlösbar macht). Solange die Welt-Fachverbände keine Einsicht zeigten und durch Kürzungen und Konzentration dem Gigantismus entgegenwirken, erschweren sie die Durchführung der Spiele. Immer brennender stellt sich die Menschenrechtsfrage: Wenn nur noch totalitäre Staaten (Russland, China und eben Katar) zum Zug kommen, ist das unbefriedigend für die freiheitlich-demokratisch geprägten Teile der Welt. Dass staatliche Gängelung der wenig sportinteressierten Bevölkerung den wahren sportlich-olympischen Geist tötet, sehen wir gerade in Katar.
Wer München 1972 oder 2022 (oder auch das Sommermärchen 2006) erlebt hat, weiß wie viel Begeisterung und kulturelle, international verbindende Kraft von Olympischen Spielen bzw, sportlichen Großereignissen in Deutschland geweckt werden können
Warten ist eine Tugend, aber wenn alle nur warten, geschieht zu wenig.
Walter Schwebel