Eine Organisation für das Fairplay
Mit dem Olympismus und der Olympischen Idee sind verschiedene Werte und Ideale verbunden, wie etwa das Streben nach Höchstleistungen, das Ideal des friedlichen Leistungsvergleichs im Wettkampf, das Ideal der Freundschaft und der Völkerverständigung sowie der Fairplay-Gedanke.
Gerade das klassische Fairplay scheint in jüngster Zeit immer mehr an Bedeutung zu verlieren. Immer häufiger kommt es zu Manipulationen und unlauteren Eingriffen von außerhalb, aber auch von Insidern des Sports. Allen Verantwortlichen in den Sportfachverbänden ist diese Tatsache bewusst, das offizielle Gegensteuern erfolgt mit unterschiedlicher Intensität.
Im internationalen Biathlonsport wurde 2019 die Biathlon Integrity Unit gegründet, sie ist eine operativ unabhängige Spezialeinheit der IBU (International Biathlon Union) und verfügt über einen eigenen Vorstand, eigene Mitarbeitende und eigene Regeln.
Wenn man im sportlichen Bereich von Verletzung der Integritätsregeln spricht, wird in den meisten Fällen sicherlich das Thema Doping adressiert. Eher selten denkt man im Zusammenhang mit dem „sauberen“ Sport an Themen wie Wettbetrug und Spielmanipulationen. Jede Sportart kann von betrügerischen Eingriffen betroffen sein. Mit Wettbetrügereien werden weltweit immense Summen umgesetzt. Auch durch die sogenannte Stallorder, nicht zuletzt in der Formel 1 häufig kritisiert, werden Ergebnisse verfälscht. Ein Teammitglied wird bevorzugt, Mitglieder anderer Teams mittelbar oder unmittelbar benachteiligt. Auch die Olympische Idee wird in derartigen Fällen mit Füßen getreten, gehört doch das Streben nach der besten persönlichen Leistung zu den höchsten Olympischen Idealen.
Die Anwendung körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt, nicht nur, aber vor allem gegenüber jungen Heranwachsenden und Frauen, sowie die Diskriminierung aufgrund von Rasse oder Religion stellen Vergehen gegen die Integrität dar. Gerade hier ist die Dunkelziffer in allen Bereichen des öffentlichen Lebens erheblich, der Sport bildet dabei keine Ausnahme.
Um das komplexe Umfeld erfolgversprechend analysieren zu können, muss die IBU Integrity Unit in viele Richtungen recherchieren. Daten- und Leistungsanalysen der Athletinnen und Athleten gehören ebenso dazu wie Recherchen in den nicht immer ganz einfach zu erreichenden Bereichen des Internets.
Im Internationalen Biathlonsport sind sämtliche integritätsbezogene Bestimmungen in nur einem Regelwerk, dem Integritätskodex zusammengefasst. Eine wesentliche Neuerung gegenüber früheren Regelwerken besteht darin, dass die Teilnehmer (einschließlich Athleten) nunmehr verpflichtet sind, Informationen über potenzielle Verstöße (oder Aufforderungen zum Verstoß) gegen den Integritätskodex zu melden.
Für die auch anonym möglichen Meldungen stehen den Whistleblowern verschiedene Wege zur Verfügung. Die Aufklärungsquote bei von Dritten angezeigten Verstößen gilt als hoch.
Im Antidoping-Umfeld überlegen internationale Organisationen, flächendeckende Kontrollaktivitäten einzuschränken und den Informationen von Whistleblowern zukünftig eine größere Bedeutung zukommen zu lassen. Schon seit einiger Zeit setzt die Biathlon Integrity Unit alternative Ermittlungsmethoden ein und lässt in allen Bereichen Whistleblower-Infos in ihre Strategien einfließen. Ganz sicher ein wichtiger Schritt im Sinne der Olympischen Idee und des Fairplay.
Rainer Paepcke