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Internationale Schülerspiele - Olympia en miniature?
Die Internationalen Schülerspiele (International Children’s Games / ICG) wurden 1968 ins Leben gerufen. Kaunas, die zweitgrößte Stadt Litauens, war vom 4. – 9. Juli 2017 Gastgeber der 51. Auflage dieser Veranstaltung.
Um die 1500 Sportler aus allen Teilen der Welt im Alter von 12 bis 15 Jahren waren in Kaunas dabei. Insgesamt wurden 130 Wettbewerbe ausgetragen und die Besten mit Gold-, Silber- und Bronze-Medaillen belohnt. Das Logo der Internationalen Schülerspiele erinnert mit seinen fünf stlisierten Läufern in den olympischen Farben blau, gelb, schwarz, grün und rot sicher nicht zufällig an das Logo des IOC.
Handelt es sich bei den Internationalen Schülerspielen also um ein kleines Olympia, um Olympische Spiele en miniature?
Wettkampf der Städte
Die Schülerspiele sollen, ähnlich wie die Olympischen Spiele, Mädchen und Jungen aus verschiedenen Welt-Regionen und Kulturen im sportlichen, fairen Wettkampf zusammenbringen. Bei den Olympischen Spielen treten die Sportlerinnen und Sportler für ihr Land an, bei den Schülerspielen starten sie für die Stadt, in der sie leben, zur Schule gehen oder einem Sportverein angehören. Aus jeden Land können mehrere Städte Nachwuchssportler zu den Schülerspielen entsenden. Neben Darmstädter Sportlerinnen und Sportlern war in Kaunas auch der sportliche Nachwuchs aus anderen deutschen Städten vertreten.
Auf der digitalen Anzeige im Leichtathletik-Stadion wurde neben den Namen der Starter nicht das Land, sondern die entsendende Stadt angezeigt. Ein wenig inkonsequent: An den Wettkampfstätten waren nationale Flaggen angebracht. Allerdings wäre es wohl auch nicht so einfach gewesen, aus allen entsendenden Städten im Vorfeld der Veranstaltung Fahnen in vergleichbarer Qualität und Größe zu beschaffen.
Die Medaillenzeremonien hatten einen sehr professionellen Charakter – die Aufmerksamkeit in Stadion und Hallen wurde einzig und allein auf die Ehrung gelenkt, die Medaillen ruhten stilvoll auf einem Samtkissen und als Überreicher traten verdiente Funktionäre oder Offizielle auf den Plan. Da es sich um Wettkämpfe von Städten handelte, wurde auf das Abspielen von Nationalhymnen folgerichtig verzichtet.
Fast immer dabei: Nationale Flaggen
Die nationale Zugehörigkeit wurde allerdings in vielen Fällen plakativ in Szene gesetzt, denn ein Großteil der Platzierten präsentierte noch auf dem Siegerpodest die Nationalflaggen der jeweiligen Herkunftsländer. Nur in Einzelfällen zeigten Sportlerinnen oder Sportler das Stadtwappen ihres Herkunftsortes. Die Flaggen-Präsentation machte auch den Stellenwert deutlich, den die Schülerspiele für viele der teilnehmenden Städte haben. Hier die Städte, die zwar ambitionierte, aber am Ende hoffnungslos unterlegene Teilnehmer nach Kaunas entsandten, wohl wissend, dass die Teilnahme für den einzelnen Sportler zwar nicht den Sieg, aber einen positiven Entwicklungsschub im sportlichen und sozialen Bereich bewirken kann. Auf der anderen Seite Städte, die die sportliche Elite ihrer Kaderschmieden und Sportschulen nach Litauen schickten, um möglichst viele Titel zu gewinnen und eine sportliche Überlegenheit zu demonstrieren. Die meisten Medaillen sammelten Sportlerinnen und Sportler aus Taipei City (Taiwan) an, die meisten Siege verbuchten die litauischen Gastgeber, die mit Teams aus gleich fünf Städten antraten und ihren Heimvorteil nutzten. Auf Platz drei der Wertung landeten die Sportler aus der thailändischen Hauptstadt Bangkok.
Großes Leistungsgefälle
Die unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der Auswahl der zu entsendenden Schülerinnen und Schüler führen zu einem großen Leistungsgefälle bei den einzelnen Wettkämpfen. Neben Sportlern, die mit ausgefeilter Technik hervorragende Leistungen erbringen, gehen Schülerinnen und Schüler an den Start, denen man zwar Motivation und Leistungsbereitschaft attestieren kann, die aber im Wettbewerb chancenlos sind. Wie gehen die Mädchen und Jungen mit dieser Unterlegenheit um? Leidet hier womöglich die Motivation für zukünftiges sportliches Engagement?
Torsten Rasch, Präsident der ICG und bis vor kurzem Sportamtsleiter der Stadt Darmstadt, verneint eine entsprechende Frage: „Die Sportlerinnen und Sportler ziehen aus der Begegnung mit leistungsstärkeren Gegnern Motivation für ihre sportliche Zukunft. Die litauische Weltklasseschwimmerin Rūta Meilutytė hat 2010 an den Internationalen Schülerspielen teilgenommen; zwei Jahre später gewann sie Gold bei den Olympischen Spielen in London. Mädchen, die mit ihr 2010 dabei waren, schwärmen noch heute von den Wettkämpfen und der persönlichen Begegnung.“
Nur wenige Sportarten im Angebot
Das Programm der Schülerspiele ist auf wenige Sportarten beschränkt. Neben Schwimmen und der Leichtathletik standen in Kaunas Judo, Tischtennis, Beach-Volleyball und Segeln auf dem Programm. Dazu wurde Fußball in Sechser-Teams gespielt, und beim Basketball wurde die Streetball-Variante drei gegen drei angeboten. Das Programm ist nicht festgeschrieben und kann bei der nächsten Veranstaltung variieren, nicht zuletzt auch abhängig von den Möglichkeiten, die dem nächsten Veranstaltungsort zur Verfügung stehen. Bei den Sportstätten wird auf vorhandene Arenen zurück gegriffen, die in Kaunas ihren Zweck in vollem Umfang erfüllten. Die Dachorgansiation ICG scheint bei Programm und Sportstätten flexibel zu sein und keinen unnötigen Druck auf die Bewerberstädte auszuüben. Dem IOC sei diese Vorgehensweise zur Nachahmung empfohlen.
Das Zuschauer- und Medieninteresse an den Wettkämpfen in Kaunas war verschwindend gering. Das Publikum setzte sich weitestgehend aus Sportlern und Betreuern zusammen. Die Unterstützung galt dabei vor allem den Athleten aus dem eigenen Team, wobei besonders gute Leistungen aber durchweg von der Mehrheit der Zuschauenden honoriert wurden. Anders als bei sportlichen Großveranstaltungen waren negative Reaktionen seitens der Zuschauer nicht zu verzeichnen.
Sportler und ihre Betreuer waren in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht und nahmen an einer Gemeinschaftsverpflegung teil. Wer als VIP eingestuft wurde, durfte sich der Obhut eines besseren Hotels anvertrauen und bei Interesse an einem Rahmenprogramm teilnehmen. Vergleiche mit Olympia drängen sich auf.
Die Abschlussveranstaltung war professionell gestaltet. Moderation, Show-Einlagen sowie Bilder und Filmbeiträge zu den zurückliegenden Wettkämpfen sprachen die jungen Sportlerinnen und Sportler ebenso an wie die zahlreich geladenen Gäste aus Politik und Sport. Nach dem offiziellen Teil sorgte ein Musik-Act noch einmal dafür, dass vor allem Schülerinnen und Schüler die Veranstaltung in bester Erinnerung behalten.
Darmstädter in Kaunas
Und die Darmstädter? Den persönlichen Neigungen entsprechend hatte der Verfasser dieser Zeilen die Veranstaltungen von Basketballern und Leichtathleten ausgewählt. Für einen Platz auf dem Siegerpodest reichte es für die Teilnehmer aus Darmstadt bei den vom Verfasser besuchten Wettkämpfen leider nicht. Mit den persönlichen Leistungen durften die südhessischen Mädchen und Jungen aber vor allem in der Leichtathletik zufrieden sein.
Jule Lotte Behrens erreichte über 800 Meter einen hervorragenden 4. Platz im A-Finale. Christoph Maximilian Schrick gewann in einem dramatischen Finish das B-Finale über 1500 Meter und begeisterte dabei ebenso wie Katharina Krichbaum, die im Weitsprung zweimal eine persönliche Bestweite aufstellte. So ganz unzufrieden dürfte die Mannschaftsleitung aus Heinertown rund um den Delegationsleiter Klaus Roßberg also nicht gewesen sein.
Internationale Schülerspiele - Olympia en miniature?
Ein Hauch von Olympia war an den Wettkampfstätten in Kaunas spürbar. Trotz des erkennbaren Sieges- und Erfolgswillens, als Basis für jede erfolgreiche Sportveranstaltung unabdingbar, wirkte die Veranstaltung auf den externen Beobachter aber eher wie ein großes Familienfest.
Den Machern der Internationalen Schülerspiele geht es nicht um Gewinnmaximierung. Bei freiem Eintritt, nicht existierenden TV-Verträgen und nur wenigen Werbepartnern fehlen im Vergleich zu den Olympischen Spielen die wichtigsten Einnahmequellen. Den teilnehmenden Städen bleibt es überlassen, in welcher Form sie die Reisen ihrer Delegation an den Veranstaltungsort unterstützen. Vermutlich kommen hier alle denkbaren Varianten zur Anwendung.
Von IOC-spezifische Eigenschaften wie Arroganz, Profitgier und Prestigedenken war in Kaunas nichts zu spüren. Zur Planung und Durchführung der Internationalen Schülerspiele ist vielmehr ein hohes Maß an ehrenamtlichen Engagement erforderlich. Vielleicht kommt die Veranstaltung auch aus diesem Grund so sympathisch rüber.
Im Ramen der Abschlussveranstaltung wurde eine symbolische Flamme an eine Vertreterin Jerusalems übergeben. Vom 29. Juli bis zum 3. August 2018 wird die israelische Stadt Ausrichter der 52. Auflage der Internationalen Schülerspiele sein.Vielleicht sehen wir uns ja dort.
Nächstes Jahr in Jerusalem!
Rainer Paepcke